Drei Mal lebenslänglich für einen Vater

Ein Beitrag von Fr. Shay Cullen

Nach elf gemeinsamen Jahren stritten sich die Eltern von Mady und ihren beiden Geschwistern zum letzten Mal, und ihre Mutter verließ die Familie und ließ ihre drei Kinder im Jahr 2020 allein zurück. Die Kinder waren schockiert und weinten den ganzen Tag lang. Sie wurden in der Obhut ihres Vaters zurückgelassen, eines Fischers, der auf Booten in der Nähe von Subic Bay arbeitete.

Mady, 11 Jahre alt und Schülerin der 7. Klasse, war die Einzige, die sich um ihre beiden jüngeren Geschwister Jan, neun Jahre, und Macy, acht Jahre (Namen geändert), kümmerte. Mit 11 Jahren lernte sie zu kochen, ihre Wäsche zu waschen und sich jeden Tag um sie zu kümmern. Sie half ihnen beim Home schooling, indem sie das modulare Lernsystem nutzte, da die Schulen auf Grund von Covid-19 geschlossen waren.

Eines Nachts, als ihr Vater um 1 Uhr nach Hause kam, wachte sie auf und sah, wie er Jan und Macy, die fest schliefen, hochhob und auf die Bodenmatte legte. Dann kam er zu dem Holzbett und legte sich auf sie. Mady flehte ihn an, damit aufzuhören. Er sagte, er würde ihr nicht wehtun, er würde schnell und freundlich sein, und dann tat er es. Er vergewaltigte sie. Das war im Oktober 2020.

Sie zog sich an und weinte die ganze Nacht, umarmte sich vor Scham und Schock, dass ihr eigener Vater sie vergewaltigt hatte. Es war nicht das einzige Mal, dass Mady sich fürchtete. Jedes Mal, wenn er in die Hütte zurückkam, befürchtete sie, es könnte wieder passieren. Das geschah auch. In den folgenden Monaten vergewaltigte er sie noch zweimal. Nun lebte sie jeden Tag in Angst.

Im Juli 2021 ging Mady zum Haus ihres Onkels, dem Bruder ihres Vaters, und erzählte ihrem Onkel und ihrer Tante, was ihr Vater ihr angetan hatte und noch immer antat. Der Onkel und die Tante waren sehr wütend, als sie dies hörten, und konfrontierten ihren Vater. Wie erwartet, leugnete der Vater jegliches Fehlverhalten.

Die Tante und der Onkel informierten den örtlichen Sozialarbeiter über das, was Mady ihnen erzählt hatte. Der örtliche Sozialarbeiter der Gemeinde Subic reagierte sofort und verwies Mady an das PREDA-Mädchenheim. Später half der Sozialarbeiter von PREDA Mady, eine formelle Klage gegen ihren Vater einzureichen.

Madys jüngere Geschwister wurden ebenfalls gerettet und in die Obhut und Pflege ihrer Mutter in Paranaque, Metro Manila, zurückgegeben. Madys Vater wurde daraufhin festgenommen, inhaftiert und vor Gericht gestellt.

Im PREDA-Heim für Kinder, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, fühlte sich Mady willkommen, ermutigt und bestärkt und war sich sicher, dass sie das Richtige getan hatte, als sie sich ihrem Onkel und ihrer Tante anvertraute. Man versicherte ihr, dass sie unschuldig sei und ihr Vater sie nie wieder missbrauchen könne. Sie fühlte sich beschützt und sicher. Es dauerte eine Weile, bis sie sich erholt und an das Familienleben in der Gemeinde angepasst hatte. Sie begann, mehr zu essen, nahm wieder an Gewicht zu und wurde aktiver. Sie nahm jeden Tag an mehr Lern- und Spaßspielen und Aktivitäten teil. Sie genoss die gruppendynamischen Sitzungen, die Lesungen aus dem Evangelium und die Diskussionen über die Würde und Rechte von Kindern und die Werte des Lebens. Sie lernte viel und war ein glückliches Kind.

Eines Tages bat sie darum, zu den anderen Kindern zu kommen, die im gepolsterten Therapieraum eine Therapie für emotionale Ausdrucksfähigkeit, die sogenannte „primal therapy“ erhielten. Dort ließ sie mit Hilfe eines Therapeuten ihre tiefsten Gefühle von Schmerz, Frustration und Wut auf ihren Vater heraus. Sie schrie und schlug auf die Kissen, als ob sie mit ihrem Vater kämpfen würde. Sie forderte ihre Mutter heraus: „Warum hast du uns im Stich gelassen?“ Sie schrie. Nach vielen Sitzungen fühlte sie sich stärker und wollte Gerechtigkeit walten lassen. Mit Hilfe der Sozialarbeiterin und der Rechtsanwaltsgehilfin von PREDA reichte sie beim Staatsanwalt eine formelle Anzeige gegen ihren Vater, der sexualisierte Gewalt verübte, ein.

Es kam der Tag, an dem sie mutig vor Gericht aussagte. Mit Klarheit und Überzeugung schilderte sie alles, was er ihr angetan hatte. Er stritt alles ab. Aber das reichte nicht aus, um die klare, unmissverständliche Aussage von Mady zu widerlegen. Als Mady ihre Aussage vor Gericht beendet hatte, wurde sie wieder bei ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Paranaque aufgenommen, wo sie ihre Schulausbildung fortsetzte. Sie schloss die 8. Klasse in Paranaque ab.

Fast ein Jahr später, am 1. August 2022, fällte Richterin Gemma Theresa Hilario-Logronio vom Regionalen Prozessgericht in Olongapo City ihr Urteil und verurteilte den Vater von Mady. Die Richterin verurteilte ihn zu einer Strafe von drei Mal lebenslänglich ohne die Möglichkeit der Bewährung. Für Mady wurde Gerechtigkeit geübt. Sie kann nun ein normales Leben führen, nachdem sie Gerechtigkeit und Freiheit von ihrem Vater erlangt hat.

Nach der Verkündung des Urteils rief die Sozialarbeiterin von PREDA Mady per Messenger an. Als sie die gute Nachricht hörte, weinte Mady vor Freude. Sie weinte am Telefon und war so überwältigt, dass sie kaum sagen konnte, wie dankbar sie allen im PREDA-Heim dafür war, dass sie ihr einen neuen Start ins Leben ermöglicht hatten. Sie war so glücklich, dass das Gericht ihr geglaubt hatte und dass ihr Täter sie oder andere Kinder nie wieder missbrauchen kann.

*Das Preda-Mädchenheim wird von der kanadischen Regierung über den Canada Fund for Local Initiatives (CFLI), den Freiwilligen Treuhandfonds der Vereinten Nationen für die Opfer des Menschenhandels und den Treuhandfonds der Vereinten Nationen gegen zeitgenössische Formen der Sklaverei, sowie von USAID und Misereor Deutschland unterstützt.

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