PREDAs holistischer Ansatz gegen sexualisierte Gewalt & für Frauen- und Kinderrechte
PREDAs Einsatz gegen sexualisierte Gewalt und für die Rechte von Frauen und Kindern, ist sehr breit und holistisch angelegt. Die Arbeitsschwerpunkte reichen von präventiver Bildung in Schulen und Behörden über ganzheitliche Therapie in Schutzzentren bis hin zu Advocacy-Arbeit im lokalen, nationalen und internationalen Kontext. In diesem Blogbeitrag stellen wir Euch die Arbeit von PREDA in diesem Bereich etwas genauer vor, beleuchten auch den regionalen Kontext sowie aktuelle Trends.
Präventive Bildung & Seminare im lokalen Raum
Bildung über sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit spielt im Bildungssystem auf den Philippinen kaum eine Rolle. Auch in den Familien handelt es sich hierbei eher um ein Tabuthema. Eine Freundin erzählt beispielsweise, dass sie im Alter von 25 Jahren zum ersten Mal ein Kondom gesehen habe. Dies war bei ihrem aktuellen Arbeitgeber, der ein Seminar zum Thema sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit für die Mitarbeitenden anbot. Eine andere Freundin erzählt, dass sie als Kind mit den Kondomen ihrer Tante, die als health workerin gearbeitet hat, als Luftballons gespielt hatte. Bis vor kurzem wusste sie nicht, was der eigentliche Verwendungszweck von Kondomen ist.
PREDA organisiert regelmäßig Seminare zu den Themen „sexuelle und reproduktive Rechte & Gesundheit“ für aktuelle Klient*innen, Aftercare Klient*innen, Stipendiat*innen und Mangobäuerinnen und – bauern in den Aeta Communities. Einer der Seminarleiter erzählt: „Hier auf den Philippinen wird der Penis oft als bird (Vogel) und die Vagina als flower (Blume) bezeichnet. Dabei handelt es sich um klassisches sugarcoating“. Sugarcoating bedeutet, dass Begriffe schöngeredet werden. Er thematisiert in seinen Seminaren neben Verhütungsmitteln und sexuell übertragbaren Krankheiten u.a. auch verschiedene Gender Identitäten und toxische Männlichkeit. „Wir müssen das leider im außerschulischen Kontext machen, da das Thema in der Schule gar nicht oder auf sehr altmodische Art und Weise vermittelt wird.“ Neben Seminaren in Präsenz können die PREDA Klient*innen außerdem an einem Selbststudium-Kurs zu sexuellen und reproduktiven Rechten & Gesundheit teilnehmen, der von einer befreundeten NGO angeboten wird.
In den Seminaren von PREDA geht es oft auch um verantwortungsvolle Elternschaft und was diese beinhaltet. Genannt werden bspw. die Befriedigung von sämtlichen Grundbedürfnissen wie ausgewogene und gesunde Ernährung sowie medizinische Versorgung und Hygiene. Aber auch soziale und emotionale Bindungen sowie Umweltbewusstsein. Keinen Diskussionsraum gibt es in den Seminaren und grundsätzlich in der Gesellschaft beim Thema Abtreibung. Dies ist auf den Philippinen ein absolutes Tabuthema. Rechtlich ist Abtreibung hier illegal. Moralisch aufgrund des großen Einflusses der (katholischen) Kirche ebenfalls keine Option.
Das Thema der toxischen Männlichkeit ist ähnlich wie in Deutschland noch eher neu, wird jedoch von manchen staatlichen Behörden bereits implizit adressiert, wenn sie bspw. zur Werbung für Vasektomie schreiben: „Ihr werdet auch danach noch immer ein echter Mann sein“.
Einfluss auf nationale Gesetzgebung
Kinderehen sind insbesondere in den indigenen Aeta-Communities recht verbreitet. Grundsätzlich ist dies auf den Philippinen durch ein Gesetz (Republic Act 7610) jedoch verboten. Daher ist die Kinderehe regelmäßig Thema in den Seminaren von PREDA. 1992 kam das Gesetz in Kraft und wurde von PREDA mitgestaltet. Es ist auch bekannt als „Anti-Child Abuse“-Gesetz. Jegliche Form des Missbrauchs (sexueller, emotionaler, physischer Art) ist dadurch genauso verboten wie die Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen.
PREDA hat ebenfalls an der Verabschiedung des Republic Act 9262 mitgearbeitet. Dieses Gesetz stellt Gewalt gegen Frauen und Kinder unter Strafe. Dadurch ist es bspw. auch möglich, dass Täter*innen sobald sie beschuldigt werden, bis zum Prozess für 15-30 Tage in Untersuchungshaft gebracht werden können.
Das PREDA Home for Girls – ganzheitlicher Therapieansatz
Die Klientinnen im Mädchenheim von PREDA sind Überlebende sexualisierter Gewalt: sexueller Missbrauch durch Familienmitglieder wie den biologischen Vater, Stiefvater, Onkel, Brüder oder Nachbarn sind die häufigsten Formen der sexualisierten Gewalt. Aktuell sind zwei der Klientinnen schwanger von ihrem biologischen Vater. Eine Klientin ist erst 14 Jahre alt. Ihr Baby wird in den kommenden Tagen durch einen Kaiserschnitt auf die Welt kommen, da ihr Körper zu jung ist für den Geburtsvorgang. Manche der Klientinnen wurden von Vertrauenspersonen wie ihren Eltern oder Tanten an Sextouristen verkauft – teilweise auch im digitalen Raum. Mehrere minderjährige Überlebende von Menschenhandel in der Sexindustrie sind ebenfalls im Moment im Girls Home untergebracht.
PREDAs Ziel ist es, den Mädchen eine Zukunft zu bieten und sie auf verschiedensten Ebenen durch einen holistischen Ansatz zu empowern. Dazu gehört juristische Gerechtigkeit: die meisten Mädchen haben einen Gerichtsfall gegen ihre Täter*innen laufen. Eines der Mädchen sagt vor einem Gerichtstermin: „Ob ich nervös bin? Ein bisschen vielleicht, aber ich werde für meine Rechte kämpfen!“ Oft hat PREDA rechtliche Erfolge, insbesondere, wenn die Richter*innen weiblich sind, erklärt der Gründer der Organisation, Shay Cullen. 27 Fälle gewannen die Mädchen im Jahr 2022. Die Strafe für sexuellen Missbrauch ist auf den Philippinen hoch und lautet: lebenslänglich. Erst kürzlich konnte bspw. ein Vater von zwei Klientinnen verurteilt werden, der die beiden für Sex an andere Männer aus der Familie und der Nachbarschaft gegeben hatte.
Die Umgebung von PREDA: Sexindustrie in Barrio Baretto
PREDA wurde 1974 gegründet. In einer Gegend rund um Olongapo City, wo bis Anfang der 1990er-Jahre der größte US-Marinestützpunkt in Asien lag. Im Zuge dessen etablierte sich dort ein Rotlichtviertel, das auch nach dem Rückzug der amerikanischen Soldaten bestehen blieb. Ein organisierter Sexhandel mit Kindern und jungen Frauen entwickelte sich nach und nach. Diese Strukturen führten zu immensen sozialen Problemen und haben ihre Spuren bis heute hinterlassen. Auch im Jahr 2023 sieht man in der Region zwischen Olongapo City und Subic, insbesondere im Barangay Barrio Barretto zahlreiche Sextouristen (meist ältere, weiße Männer) mit jungen Filipinas in den dubiosen Bars am Straßenrand sitzen. Nach wie vor sind die Philippinen ein Hub für Sextourismus. Auch in den beliebten touristischen Regionen wie bspw. auf der Insel Cebu oder in Metropolen wie Manila ist diese Art des Tourismus sehr verbreitet.
Digitalisierung und Sexindustrie im Internet – Verfolgung von Täter*innen auf internationaler Ebene
Gleichzeitig verlagert sich im Zuge der Digitalisierung das Geschäft mit dem Sex auch zunehmend auf das Internet. Die Pandemie hat diesen Trend noch zusätzlich verschärft. Dies stellt PREDA vor Herausforderungen, denn durch die lokale Flexibilität ist es nicht mehr so einfach, Täter*innen auf die Spur zu kommen. Nichtsdestotrotz lässt sich PREDA von diesen Herausforderungen nicht abhalten und hat bereits mehrere Fälle begleitet und aktiv vorangetrieben, bei denen Täter aus Australien, Großbritannien und Deutschland verurteilt wurden. Zudem hat PREDA nun eine neue Kampagne gelauncht, um diesem Thema in der täglichen Arbeit noch mehr Raum zu geben und sowohl lokal, national als auch international dagegen vorzugehen. Mehr Informationen dazu gibt es im vorherigen Blogbeitrag.
Fazit
Sexuelle Übergriffe und sexualisierte Gewalt gehören zur Realität für viele Frauen auf der ganzen Welt. Umso wichtiger ist es, diese Themen kontinuierlich anzusprechen und langfristig dagegen vorzugehen – wie PREDA dies auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene durch gezieltes Empowerment von Überlebenden aber auch durch die Mitgestaltung von Gesetzen auf den Philippinen und durch internationale Advocacy-Arbeit für Frauen- und Kinderrechte tut.
Ein Blogbeitrag von Laura, Mitglied im PREDA Freundeskreis